Session 01: Finanzierung diversifizieren
Impulsgeber: Jana Große Hokamp
Eine stabile finanzielle Basis ist die Voraussetzung dafür, dass touristische Organisationen ihren Auftrag nachhaltig erfüllen können. Ohne verlässliche Einnahmequellen fehlt der Spielraum für strategische Weiterentwicklung, Innovation und Anpassung. Angesichts wachsender Aufgaben, steigender Anforderungen und gleichzeitig unsicherer Finanzierungsmodelle rückt die Frage in den Fokus: Wie lassen sich Finanzierungsquellen verbreitern, Abhängigkeiten reduzieren und neue Modelle tragfähig gestalten?
In ihrem Impuls zeigte Jana Große Hohkamp zunächst auf, wie stark die Finanzierungslogiken im DACH-Raum variieren – von gesetzlich geregelten Nächtigungsabgaben in Österreich über kommunale Zuschüsse in Deutschland bis hin zu regional differenzierten Modellen in der Schweiz. Aber so unterschiedlich die Voraussetzungen auch sind – der Bedarf an kreativen, flexiblen und tragfähigen Finanzierungsmodellen ist überall gleichermaßen groß.
Grafik: M.Voigt © Jana Große Hokamp/ Kohl > PartnerEntscheidende Fragen bei allen Finanzierungsmodellen sind:
- Wie lassen sich neue Finanzierungsmöglichkeiten erschließen?
- Welche Partner sind dafür relevant?
- Was sind Erfolgsfaktoren?
- Wie könnte ein realistischer Fahrplan aussehen?
Entlang dieser Leitfragen diskutierten die Teilnehmer:innen der Session „Diversifizierung der Finanzierung“, welche Modelle innerhalb der gegebenen Rahmenbedingungen möglich oder wünschenswert wären. Die Vorschläge:
- Einführung eines erweiterten Tourismusgesetzes
Ein rechtlicher Rahmen (vgl. Österreich) könnte Finanzierung verbindlich regeln – z. B. durch verpflichtende Gästebeiträge oder kommunale Beteiligung an touristischer Infrastruktur. - Zugangsbasiertes Finanzierungsmodell
Eintrittsmodelle für klar definierte Erlebnisräume – analog zu US-Nationalparks – ermöglichen Steuerung, Einnahmengenerierung und gezielte Qualitätspositionierung (z. B. durch Dynamic Pricing). - CO2-Kompensation durch Gäste
Gäste leisten einen Beitrag für ihre verursachten Emissionen – z. B. durch Anreise oder Mobilität vor Ort. Die Einnahmen fließen in lokale Klimaprojekte oder nachhaltige Infrastruktur. - Regionale Job-Sharing-Modelle
Mehrere Akteure teilen sich qualifiziertes Personal – auch branchenübergreifend. So entstehen flexible, bezahlbare Lösungen für Fachkräftemangel, besonders im ländlichen Raum. - Fördermittelpartnerschaften
Gemeinden oder Organisationen bündeln ihre Anträge und Ressourcen. Gemeinsame Vorhaben erhöhen die Förderchancen und verbessern die strategische Ausrichtung.
- Einsatz digitaler Projekt- und Wissensagenten
KI-basierte Tools oder digitale Plattformen unterstützen bei der Recherche von Fördermöglichkeiten, Projektideen und bestehenden Beispielen – gerade für kleine Organisationen hilfreich. - Transparenz in der Mittelverwendung
Wer sichtbar macht, wie Beiträge (z. B. Gästetaxen) verwendet werden, schafft Vertrauen. Trennung von öffentlichen, privaten und projektbezogenen Geldern ist dabei zentral. - Stärkung regionaler Kooperationen
Tourismusorganisationen können gezielt mit anderen öffentlichen oder zivilgesellschaftlichen Partnern kooperieren – z. B. in Kultur, Bildung oder Wirtschaft – und gemeinsame Finanzierungswege erschließen. - Prädikatisierung als Finanzierungshebel – kritisch betrachtet
Touristische Labels und Zertifikate können Förderzugänge erleichtern, wurden in der Diskussion aber hinterfragt. Starre Kriterien (z. B. Aufenthaltsdauer) sind oft nicht mehr zeitgemäß.
Manchmal reicht ein kleiner kreativer Impuls – und plötzlich wird aus einer Idee ein
tragfähiges Modell.
Erfolgreiche Finanzierungsprojekte sind immer individuell zugeschnitten. Sie basieren auf einer vertrauensvollen Kommunikation auf Augenhöhe und setzen eine klare Nutzenargumentation voraus. Die erforderlichen Rahmenbedingungen sind politische Unterstützung, tragfähige Netzwerke und eine klare Vision – ebenso wie engagierte „Kümmerer“, die mit Ausdauer und Überzeugung am Ball bleiben.
Entscheidend ist es dabei nicht, sofort das perfekte, allumfassende Modell zu finden, sondern sich dem Thema bewusst, strategisch und kreativ zu nähern. Transparenz, ethische Grundsätze und der Mut, erste Schritte zu gehen, bilden dabei die Basis. Im Austausch mit anderen entstehen Ideen, die sich an die eigene Realität anpassen lassen.
Donaubergland – Wanderwegpattenschaften:
Lokale Unternehmen übernehmen Patenschaften für Wanderwege und engagieren sich damit finanziell für deren Pflege. Das Modell verbindet touristische Infrastrukturentwicklung mit regionaler Sichtbarkeit für Betriebe.
Remstal – JobCard:
Die JobCard ist ein steuerfreies Gutscheinsystem für Mitarbeitende lokaler Betriebe, das ihnen Vergünstigungen in Gastronomie, Weinbau, Freizeit und Handel in der Region gewährt.
Finanziert durch Arbeitgeber, stärkt das Modell lokale Identität, Arbeitgeberattraktivität und touristische Nachfrage zugleich.
Klopeiner See – WalderlebnisWelt:
Ein großer Freizeitpark als gemeinsames Infrastrukturprojekt von Tourismusverband und Wirtschaft – beide treten als gleichberechtigte Gesellschafter auf.

