valantic / Digital Shifts

Session 01: Neues Verständnis im Destinationsbranding

Impulsgeber: Anna Moll

 

In einer zunehmend digitalisierten und globalisierten Welt stehen touristische Orte vor der Herausforderung, sich klar und wirkungsvoll zu positionieren. Die Bewerbung klassischer Reiseprodukte, Berge, Seen oder Museen reichen als Unterscheidungsmerkmal längst nicht mehr aus. Entscheidend wird die emotionale Markenidentität.  

Ausschlaggebend für ein starkes Destinationsbranding sind Wahrheit, Werte, und deren Relevanz für die Zielgruppe. Sie bilden den Kern der Marke – sie müssen sich konsequent in Bildsprache, Stil und Text widerspiegeln. „Euer Produkt unterscheidet euch nicht“, postulierte Impulsgeberin Anna Moll. Sie plädierte für den Mut zur radikalen Differenzierung: Nur Inhalte, die überraschen, Geschichten erzählen und zum Mitmachen einladen, bleiben wirklich im Gedächtnis. Statt klassischer Werbung stehen Storytelling und Interaktion im Vordergrund.

Als Beispiel führte die Kreativdirektorin der Berliner Agentur Molle & Korn die Kampagne „Sweden (not Switzerland)“ an. Darin geht Schweden mit Humor und Selbstironie auf die häufige Verwechslung mit der Schweiz ein. Solche Maßnahmen zeigten, wie origineller Content zur Stärkung einer unverwechselbaren Markenidentität beitragen könne.

Digitale Plattformen bestimmen die Wahrnehmung

Zwar spielen klassische Medien wie Magazine weiterhin eine Rolle, doch Plattformen wie Instagram, TikTok oder Tinder bestimmen heute maßgeblich, wie Destinationen wahrgenommen werden. Die digitale Sichtbarkeit der Destination und hierbei der erste Eindruck zählt. So hat etwa die Destination Wien Tinder-Profile für „Sissi“ und „Franz“ erstellt und damit viral Aufmerksamkeit erzeugt. Auch die Tirol Werbung setzt auf kreative Wege und lässt auf TikTok die authentische Tirolerin „Honey“ Einblicke in ihre Heimat geben.

KI kann dabei helfen, Destinationen individuell und effizient zu bewerben – vorausgesetzt, sie wird glaubwürdig und sinnvoll eingesetzt. Ein gelungenes Beispiel dafür ist „Emma“, die digitale Reisebegleiterin der Deutschen Zentrale für Tourismus, die personalisierte Informationen bereitstellt.

Mit Napkin Sketches und Benny Hill zu kreativen Ideen

Die Teilnehmenden der Session erarbeiteten in kleinen Gruppen Branding-Ideen für die reale Stadt Düsseldorf und die fiktive Insel Bambalou. 

Düsseldorf wurde als „Stadt der Kontraste“ in Szene gesetzt. Kampagnenideen wie „Bier meets Bonsai“ oder „Punk meets Gucci“ spielten bewusst mit Gegensätzen und brachten die Vielfalt und kulturelle Spannung der Stadt zum Ausdruck.

Die fiktive Insel Bambalou stand für Eskapismus, Entschleunigung und liebevolle Verrücktheit. Anstatt vermeintliche Schwächen zu verstecken, wurden sie charmant ins Positive gewendet – etwa mit Slogans wie „Alphorn statt Airpods“ oder „Blättern statt Swipen“, die gezielt auf den Wunsch nach Digital Detox und Einfachheit anspielten.

Wer digital hervorstechen will, muss anders sein, das erfordert Mut.

Anna Moll

Fragen fürs Briefing

Ein Destinationsbranding entlang einer emotionalen Markenidentität setzt voraus, dass man sich die richtigen Fragen ehrlich beantwortet. Anna Moll wünscht sich Antworten auf die Fragen:

  • Welchen Markenwert wollen wir kommunizieren?
  • Warum erzählen wir gerade jetzt Geschichten über diesen Markenwert?
  • Inwiefern ist der Markenwert relevant – für uns, für die Zielgruppe und im aktuellen Zeitgeist?
  • Von welcher Wahrheit bzw. welchem Insight erzählen wir (innerhalb dieses Markenwertes)?
  • Warum trifft diese Wahrheit auf unsere Destination zu?
  • Welche Zielgruppe wollen wir erreichen?
  • Wie mutig darf die Kampagne sein?
  • Woran messen wir den Erfolg unserer Kampagne?

Vier Kernkriterien für das Destinationsbranding

Die Auswertung und Diskussion der Ideen führten zu klaren Aussagen über erfolgreiches Destinationsbranding:

  1. Mut zur Differenzierung: Auffallen darf laut und ungewöhnlich sein – solange es zur Identität der Destination passt und authentisch bleibt.
  2. Einzigartigkeit durch Geschichte: Nicht das Produkt überzeugt, sondern die emotionale Geschichte und die Menschen dahinter. So entsteht eine unverwechselbare Markenidentität.
  3. Einfachheit: Werbebotschaften müssen klar und schnell erfassbar sein – auch im Vorbeigehen auf einem Plakat.
  4. Visuelle Stärke: Die Bildsprache muss zielgruppenspezifisch sein und emotional berühren.

Eine starke Destination ist weit mehr als ein schönes Reiseziel. Sie ist eine emotionale Marke mit Charakter, Haltung und einer klar erzählten Geschichte.

Napkin Sketches

Napkin Sketches bildeten den Auftakt der kreativen Arbeit. Ziel dieser Methode ist es, Ideen schnell, unkompliziert und ohne Anspruch auf Perfektion zu visualisieren – wie kurz auf einer Serviette skizziert.

Der Fokus liegt darin, Gedanken sichtbar zu machen, Diskussionen anzuregen und eine gemeinsame visuelle Sprache zu finden. Diese Herangehensweise eignet sich besonders gut für Innovationsprozesse, bei denen es zunächst um das Sammeln und Festhalten erster Impulse geht.

In einem zweiten Schritt wurden die entstandenen Ideen mit der Benny Hill Methode bewertet. Diese dynamische und spielerische Methode bringt Bewegung in den Prozess: Die Teilnehmenden
zirkulierten mit ihren Ideen im Raum, tauschten sie nach Musikstopps aus und bewerteten sie in wechselnden Paaren. Pro Runde konnten bis zu sieben Punkte vergeben werden; in fünf Runden war eine maximale Gesamtbewertung von 35 Punkten möglich. Durch diesen Ansatz konnten Ideen nicht nur priorisiert, sondern auch in ihrer Wirkung direkt gespiegelt werden – und das auf unterhaltsame, spontane Weise.