Guestnet / Produkte in Szene setzen

Session 02: Binnenmarketing durch Communitymanagement

Impulsgeber: Stefan Möhler

Binnenmarketing ist mehr als Heimatliebe – es ist strategisches Community Building. Die zweite Session der Reihe „Produkte in Szene setzen“ zeigte eindrucksvoll, wie durch digitale Markenführung, Storytelling und aktive Beteiligung der Einheimischen echte Resonanz entsteht – und warum Social Media dabei nur ein Werkzeug ist, nicht das Ziel. 

Die Diskussion um Tourismusakzeptanz ist nicht neu. Doch Binnenmarketing, verstanden als aktive Mobilisierung der Menschen vor Ort, hat mit der wachsenden Relevanz von Community-Plattformen, Bewegtbild-Formaten und 9:16-Kommunikation eine neue Dimension erreicht. Die Session mit dem Titel „Binnenmarketing durch Community Management mit Influencern, TikTok & Co“ zeigte eindrucksvoll: Wenn es uns gelingt, die Werte von den bei uns Lebenden vermitteln zu lassen, dann schaffen wir Authentizität und Glaubwürdigkeit und locken damit auch diejenigen Gäste an, die zu unserer Region passen.

Stefan Möhler von den netzvitaminen legte in seinem Impuls vor allem Wert auf eine  strategische Ausrichtung: Community Management sei heute Voraussetzung für jede digitale Markenführung – und essenziell für ein zeitgemäßes Binnenmarketing.  Er stellte drei zentrale Thesen auf:

  1. Menschen vertrauen Menschen: Einheimische sind die glaubwürdigsten Markenbotschafter:innen.
  2. Community Management bedeutet Beziehungsarbeit – nicht bloß Postings. Der Zauber liegt in den Kommentarspalten: Jede Interaktion mit der Marke muss angemessen gewürdigt, Engagement gefördert werden.
  3. Es gilt, das eine Narrativ zu finden, das die eigene Region bzw. das eigene Unternehmen besonders macht.

In drei parallelen Brainwriting-Runden arbeiteten die Teilnehmenden an konkreten Fragestellungen und stellten schnell fest: Zwischen Kampagnenideen, strukturellen Maßnahmen und subtiler Wertearbeit liegen viele praktikable Ansätze.  

Einheimische als Mitgestalter:innen 

Um die lokale Bevölkerung aktiv in die Inszenierung touristischer Erlebnisse einzubeziehen und deren Akzeptanz sowie Stolz auf die Destination zu stärken, wurden folgende Umsetzungsansätze erarbeitet:

  • Transparenz über Wertschöpfung: Einheimischen die direkte und indirekte Wertschöpfung des Tourismus anschaulich vermitteln. Aufzeigen, dass touristische Frequenzen und Angebote direkt mit der Lebensqualität und dem Angebot vor Ort korrelieren.
  • Aktives Zuhören und gemeinsame Werte: Stimmen und Meinungen der verschiedenen lokal Agierenden und der Bevölkerung proaktiv einholen und Gegencheck der Außenwahrnehmung mit der Innenwahrnehmung durchführen -> Schaffung einer gemeinsamen Identität.
  • Den Menschen ein Gesicht geben: Persönliche Geschichten und Gesichter von Einheimischen in der Kommunikation und Inszenierung von Erlebnissen stärker in den Vordergrund rücken.
  • Videopodcasts und Blicke hinter die Kulissen: Authentische Einblicke in den Alltag, die Handwerkskunst oder besondere Orte bieten und die Geschichten der Menschen erzählen.
  • Bildungsauftrag und Doku-Elemente: Berücksichtigung von historischen Kontexten oder besonderen Traditionen (z. B. „Mutproben von früher“ oder persönliche Erinnerungen von Zeitzeugen).
  • Positive Rückmeldungen der Gäste systematisch an Locals zurückspiegeln: Einheimischen z. B. durch gezielte Botschaften im öffentlichen Raum (Plakate mit „Ihr seid mega!“) Wertschätzung entgegenbringen und ihren Beitrag zur Destination hervorheben.
  • Marken-Festival: Organisation eines „Marken-Festivals“ zu einem spezifischen Markenwert der Destination, bei dem lokale Vertreter:innen, die in diesem Bereich aktiv sind, ihre Türen öffnen und sich präsentieren können.
  • Einbindung von Zugezogenen: Aktives Einholen von Perspektiven der Neubürger:innen, da diese oft einen frischen, unverbrauchten Blick auf die Stadt/ Region haben und neue Potenziale entdecken können.
  • Zeitzeugen aus Altenheimen: Nutzung des Wissens und der Erfahrungen von Zeitzeugen, um authentische Geschichten und Eindrücke über die Geschichte und Besonderheiten des Ortes zu sammeln und zu vermitteln.
  • Regionale Auszeichnungen & Feedbackformate: Wertschätzung zeigen. Auszeichnungen schaffen, um lokale Initiativen, Vereine oder Personen zu würdigen, die sich um die Destination verdient gemacht haben.
  • Bühne für Traditionen: Gezielte Inszenierung und Präsentation lokaler Traditionen und Bräuche, um den Stolz auf die eigene Kultur zu stärken und diese für Besucher:innen erlebbar zu machen.
  • Spezielle Angebote für Locals: Entwicklung exklusiver Angebote, Vergünstigungen oder Events nur für Einheimische, um deren Verbundenheit zu honorieren und sie zu „Botschaftern“ zu machen (z. B. spezielle Eintrittspreise, Führungen).

Storytelling – Geschichten mit Substanz

Die erfolgreiche Einbindung der Einheimischen in die Inszenierung touristischer Erlebnisse ist eine Investition in die Authentizität und Nachhaltigkeit einer Destination. Sie schafft eine Win-Win-Situation, in der sowohl Besuchende tiefere Einblicke erhalten als auch die lokale Gemeinschaft von der Wertschätzung ihrer Kultur und ihres Engagements profitiert. Die Teilnehmenden nannten Aktionen, die beispielhaft für Storytelling, für das Erzeugen von Nähe und Resonanz, stehen können.

  • Hochschwarzwald: Schellsch halt mol! An einzelnen Höfen weist aktuell ein Schild darauf hin, dass Vorbeigehende klingeln können, um Auskünfte zu bekommen oder ein Gespräch zu suchen.
  • The Swedish Number: Telefonnummer, über die (2015) Anrufende mit einem zufällig gewählten schwedischen Einheimischen verbunden wurden. In den 79 Aktionstagen wurden 197.678 Gespräche mit einer Gesamtdauer von über 367 Tagen geführt. Die Anrufe kamen dabei aus 190 Ländern.

Die Diskussion zeigte deutlich, dass gutes Storytelling nicht nur Fakten, sondern auch Gesichter benötigt. Binnenmarketing ist keine einzelne Kampagne, sondern Beziehungsarbeit – es braucht Struktur, Haltung und Ausdauer, um Glaubwürdigkeit und Reichweite zu erreichen. Wird Community Management konsequent betrieben und fühlen sich die Menschen vor Ort gehört und eingebunden, wächst die Tourismusakzeptanz.

Weiterlesen: Vivian Pein: Community Manager:in

Das Handbuch für Ausbildung und Beruf, So geht gutes Community Management in Social Media.

Rheinwerk Verlag
ISBN 978-3-8362-6943-8

34,90 Euro

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