
Session 02: Unerlässlich: Angebote für Camping-Urlauber
Impulsgeber: Thomas Nitsch
Die Coronajahre 2020 bis 2022 haben der Camping- und Caravaning-Branche Umsatzrekorde beschert. Die Neuzulassungen von Wohnmobilen stiegen allein 2020 um über 40 Prozent. Viele Menschen investierten in eigene Fahrzeuge, um unabhängig reisen zu können – und entsprechend sind heute die Erwartungen an den Tourismus.
Camping- und Caravaning-Urlaub hat sich von einer Nischenaktivität zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt, der sowohl ländliche als auch städtische Regionen belebt. Darauf hob Thomas Nitsch vom CIVD in seinem Impuls zur 2. Session in der Reihe „Segmente und Werte“ ab.
In Deutschland sind nach seinen Angaben heute rund 1,7 Mio. Reisemobile und Caravans registriert – das entspricht einem Wachstum von +131 Prozent seit 2015. Mit über 43 Mio. Übernachtungen jährlich entfällt fast jede zehnte touristische Übernachtung auf Campingplätze. Der Bruttoumsatz aus dem Campingtourismus liegt bei 18,1 Mrd. Euro.
Reisemobilisten geben im Zielgebiet durchschnittlich 47,20 Euro pro Tag aus – fast identisch zu klassischen Campern (47,10 Euro). Selbst bei Tagesreisen liegt der Wert bei 39,30 Euro pro Kopf. Besonders gefragt sind Kurzreisen (2 – 5 Tage), oft auf einfachen Stellplätzen ohne großen Komfort.
Auch Naturnähe digital nachgefragt
Die Gäste schätzen Flexibilität, Individualität und Erlebnisorientierung – sie meiden Massentourismus und suchen regionale Authentizität. Davon profitieren auch strukturschwächere Regionen mit naturnahen Tourismusangeboten. Die Zahl der Stellplätze ist seit 2015 um 47 Prozent gewachsen – aber digitale Buchbarkeit und Infrastruktur sind oft unzureichend und noch wenig zukunftsfähig ausgelegt. Auch Naturnähe muss digital buchbar sein.
Die Teilnehmenden erörterten unterschiedliche Urlaubstypen (z. B. Glamping, Familie, Wildcamper) und diskutierten mögliche Marketingstrategien zur Erreichung der Zielgruppen im Camping- und Caravaning-Segment.
Im Fokus standen dabei die Diversität der Bedürfnisse, die fehlende digitale Infrastruktur und die Herausforderungen im Buchungsprozess. Als wichtigste Herausforderungen
erarbeiteten sie:
Herausforderungen
- Online-Buchbarkeit: 80 Prozent der Campingplätze sind nicht online buchbar.
- Veraltete PMS-Systeme: kaum Cloud-basiert, keine Schnittstellen, kein Online-Payment.
- Fehlende „Portal-Riesen“: aktuell gibt es noch keine zentralen, airbnb- oder booking.com-ähnliche Buchungsplattformen für Campingplätze.
- DMO haben wenig Nutzerdaten & Insights: geringe Auskunfts- und Kooperationsbereitschaft vieler Platzbetreiber:innen.
- Eingeschränkte Sichtbarkeit: auf bestehenden Portalen durch mangelhafte Datenübertragung.
Maßnahmenkatalog für Leistungsanbietende/ Platzbetreiber:innen
- Online-Präsenz aufbauen & erweitern: eigene Website, DMO, Campingportale.
- Buchbarkeit digital ermöglichen: zumindest Teilbestand online buchbar machen.
- Mehr Transparenz und Kooperation mit DMO & Plattformen schaffen.
- Platzgestaltung zielgruppenorientiert anpassen: (z. B. für Glamping, Familien, Aktive).
Maßnahmenkatalog für die DMO
- Relevante Zielgruppen definieren und zielgerichtetes Marketing auf allen relevanten Kanälen (Web, PR, Paid Media).
- Sichtbarkeit erhöhen von Camping-Angeboten auf DMO-Webseiten erhöhen.
- Informationen für KI und Schnittstellen aufbereiten (AIEO, Echtzeitdaten).
- Kooperationen mit Plattformen ausbauen (Reichweite & Sichtbarkeit).
- Betreiber sensibilisieren: Vorteile der Digitalisierung & Buchbarkeit kommunizieren.
- Gästebefragungen durchführen & auswerten: zielgerichtete Maßnahmen ableiten.
Die detaillierte Auseinandersetzung mit dem deutschen Camping- und Caravaning-Markt in dieser Session hat verdeutlicht, dass die Branche an einem entscheidenden Punkt steht. Die identifizierten Herausforderungen im Bereich der Digitalisierung – insbesondere die mangelnde Online-Buchbarkeit und die fragmentierte Systemlandschaft – unterstreichen die dringende Notwendigkeit einer kollaborativen Strategieentwicklung.
Nur durch den konsequenten Ausbau digitaler Präsenz, die Implementierung moderner Buchungssysteme und eine verstärkte Kooperation der DMO mit allen Beteiligten kann das volle Potenzial des Campingtourismus ausgeschöpft werden.
Die Ausrichtung auf die vielfältigen Bedürfnisse der unterschiedlichen Zielgruppen und eine verbesserte Datenbasis werden entscheidend für den nachhaltigen Erfolg dieser dynamischen Urlaubsform sein und sie als festen Bestandteil der modernen Tourismuswirtschaft etablieren.