
Vertiefungssession: Was machen wir mit all den Daten-Hubs?
Impulsgeber: Thorsten Glaß
In den vergangenen Jahren wurden im Tourismus zahlreiche Datenhubs aufgebaut – regionale, thematische oder nationale Plattformen zur zentralen Sammlung, Verwaltung und Bereitstellung touristischer Daten. Der ursprüngliche Gedanke: Informationen bündeln, Schnittstellen standardisieren, Daten zugänglich machen. Doch inzwischen stellt sich vielerorts die Frage: „Wir haben Daten-Hubs gebaut – und jetzt?“ Viele Daten sind vorhanden, aber wofür genau?
Diesen Fragen stellten sich die Teilnehmenden der Vertiefungssession im Themenstrang „Digital Shifts“ am Donnerstagnachmittag. Zunächst galt es, die Begrifflichkeiten zu klären.
Der Begriff Daten-Hub bleibt dabei häufig unscharf und wird unterschiedlich interpretiert – als technische Plattform, Content-Repository („Datenlager“ für alle Inhalte, die eine touristische Destination/Organisation erstellt und über verschiedene Kanäle veröffentlicht) oder als operatives Werkzeug.
Typische touristische Daten, die in einem „Datenlager“ liegen, sind POI (Museen, Seen, Kirchen), Veranstaltungen & Events, Wander- & Radwege, Unterkünfte (Beschreibung und Ausstattung), Bilder, Videos, Texte, Logos.
In der Praxis fehlt es jedoch oft an einer klaren Vorstellung, welche Daten in welcher Kombination wirklich zur Lösung konkreter Probleme beitragen können.
Daten in Kontext bringen
Thorsten Glaß stellte in seinem Impuls mit MyRate ein datenbasiertes Steuerungsinstrument vor, das auf den Prinzipien intelligenter Datenverknüpfung basiert. Die Anwendung zeigt, wie konkrete Lösungen für Destinationen aussehen können – etwa in Preisentwicklung, Angebotssteuerung oder Besucherlenkung.
Ziel der Session war es deshalb, Nutzungs- und Weiterentwicklungsperspektiven von Daten-Hubs zu diskutieren – insbesondere durch Kombination mit Business Intelligence (BI), Visualisierungstools und kontextueller Anwendung in den Destinationen. Denn Daten-Hubs entfalten erst dann ihren Nutzen, wenn Daten durch technologiegetriebene Prozesse in Beziehung gesetzt, visuell aufbereitet und in konkrete Entscheidungsmodelle übersetzt werden. Dann können auch durch Menschen Prognosen für Nachfrage und Auslastung abgeleitet werden, Marketingmaßnahmen in Abhängigkeit von der voraussichtlichen Buchungslage ergriffen werden, Angebote entwickelt oder die Auslastung von Infrastruktur gesteuert werden.
MyRate kombiniert dazu u. a.:
- Übernachtungspreise & Verfügbarkeiten (z. B. Booking.com, Airbnb)
- Event- & Wetterdaten
- Mobilitätsinformationen (z. B. Parkplatzbelegung, Verkehr)
- POI-Informationen & Nutzerbewertungen
- Google Trends & Webanalytik
Herausforderungen im Umgang mit Daten-Hubs
Die Diskussion der Teilnehmer:innen und die Ergebnisse der Gruppenarbeit machten deutlich: Daten sind oft in großer Menge und teils guter Qualität vorhanden. Doch mangelt es häufig an Struktur, Fachwissen und Tools, um die Datenhubs effizient zu nutzen. Die größten Hürden sind:
- Unterschiedliche Datenqualität & Pflegeverantwortlichkeiten
- Fehlende rechtliche Klarheit bei der Datennutzung
- Heterogene Interessen (Destination, Anbieter, Technologiepartner)
- Unklare Zuständigkeiten für Interpretation & Umsetzung
Zentrale Ergebnisse der Diskussion:
- Ein Datenhub ist kein Selbstzweck. Erst durch kluge Analyse, intelligente Visualisierung und passgenaue Anwendungen entsteht Wert.
- Entscheidend ist die Übersetzung in operative Lösungen – für Planung, Kommunikation, Produktentwicklung und Marketing.
- Neue datenbasierte Services sollten interdisziplinär und kollaborativ zwischen Destinationsmanagement, Technologiepartnern und Anbietern entstehen.
- Wir müssen datenbasierte Entscheidungen standardisieren – ohne die Vielfalt der Destinationen zu gefährden.
Kreative Anwendungen für die Daten gefunden
Mit der Methode Napkin Sketch erarbeiteten die Teilnehmer:innen Ideen, wozu die (meist vorhandenen) Daten genutzt werden können.
My POI Match
Ziel: Wochenplaner-App für Gäste, die POIs individuell kombiniert
Funktionen: Navigation, Empfehlungen via Social Media, visuelle Inspiration, Wetterintegration
Mehrwert: Persönliche Reiseplanung mit Live-Daten
Gravel Black Forest Unlimited (BFG)
Ziel: Perfect Match zwischen Radtour, Unterkunft & Service
Funktionen: Routen- & Skill-Matching, Buddy-System, VIP-Packages (Tischreservierung etc.)
Mehrwert: Erhöhte Aufenthaltsqualität & gezielte Angebotsnutzung
Erlebnis-Cockpit für Veranstalter
Ziel: Planungs-Tool für Events, basierend auf Live-Daten
Funktionen: Prognosen, Wetterdaten, parallele Events, Personaleinsatzplanung
Mehrwert: Effizientere Ressourcensteuerung und Angebotsabstimmung
Dishcover – Gastro-Tinder
Ziel: Gastro-Empfehlungen via Swipe-System nach Vorlieben
Funktionen: Live-Auslastung, Interessenfilter, Social Sharing mit Bonusfunktion
Mehrwert: Gästezufriedenheit, regionale Sichtbarkeit & Beteiligung der Gastronomie